Im Spiegel, Abteilung Wissenschaft findet sich am 10.11.11 ein Artikel über das nächtliche Einnässen bei Kindern (Enuresis nocturna). In dem Artikel heisst es u.a.: <..dabei hat das Bettnässen oft körperliche Ursachen, die man behandeln kann. Das Wichtigste für die Eltern: viel Geduld.>
Über die echten körperlichen Ursachen (ich bin kein Arzt) möchte ich mich hier nicht auslassen. Die scheinen mir aber höchst selten vorzuliegen. Und die Empfehlung: <viel Geduld> ist wohl ein Paradoxon, da dieses Phänomen oftmals mit mangelnder Geduld und Liebe und Wärme der Eltern zu tun hat. Die allmähliche Beherrschung unserer Körperfunktionen hängt mit dem in den Arm genommen werden, gedrückt werden, gestreichelt werden zusammen. So dass unsere Haut und wir was spüren und fühlen können. Auf diese Weise entwickelt sich unser Sensorium, nicht im luftleeren Raum, wo ein Baby stundenlang einfach in seinem Bett rumliegt. Wer einmal mitbekommen hat, wie liebevoll eine Kuh ihr Junges nach der Geburt abschleckt, versteht, was ich meine.
Weiter in dem Artikel: <…hat nach Meinung der Experten selten mit psychischen Problemen zu tun>. Mit was soll es denn sonst zu tun haben, als mit unserer Psyche. Es ist offensichtlich, dass sich während des Schlafes das Kind entspannt, dabei sozusagen die ganze Spannung loslässt. Die Spannung, die es tagsüber auf sich geladen hat (und das eher mit ungeduldigen als geduldigen Eltern). Wir kennen die Redewendung: <der hat vor Angst in die Hose gemacht>. Die Volksweisheit weiss und jeder kann das eigentlich nachempfinden, dass die Blase auf Angst unmittelbar reagiert.
Man könnte auch sagen, dass die Tränen des Kindes an der falschen Stelle rauskommen. Wahrscheinlich, weil es nicht weinen darf, oder die Tränen und Gefühle von den Eltern nicht ernst genommen oder übersehen werden. Wenn diese Möglichkeit tagsüber verbaut ist, kommen diese <Tränen> und die damit einhergehende Entspannung eben nachts. Wie Janov in seinen Büchern schreibt, setzt sich dieser Mechanismus auch bei den Jugendlichen und Erwachsenen fort, in einer übermäßigen Fokussierung dieses Bereiches, was Entspannung betrifft.
Wenn ein Kind gemocht wurde, viel in den Arm genommen wurde, die elterliche Wärme gespürt hat, ist es viel eher fähig, die Spannungen, die sich mit jedem Tag ergeben, unmittelbar zu verarbeiten, sie stauen sich nicht auf, die KInder haben dann auch keine Angst vor dem Einschlafen.
Ich hatte viele Klienten, die anfangs der Therapie ein- oder sogar zweimal während einer Gruppensitzung auf die Toilette gegangen sind. Mit der Zeit waren diese Klienten fähig, die Spannung, welche in einer Gruppensitzung und im Leben allgemein gegenwärtig ist, aufzunehmen. Das reduzierte drastisch den Gang zur Toilette.
Im Spiegel Artikel geht es weiter: <Bettnässen kann vererbt sein>. Und? Im Sinne der Epigenetik werden die Lebenserfahrungen unserer Vorfahren (Eltern, Großeltern, usw.) alle weitergegeben, damit auch die oben beschriebenen Mechanismen in Bezug auf Spannung und Entspannung. Wobei wir wieder bei der Psyche sind. Und dass die meisten Mechanismen einfachen von Eltern auf die KInder weitergegeben werden, bis jemand daran geht, diese Kette zu durchbrechen.