Donnerstag, 15. Dezember 2011

Enuresis nocturna oder trockenes Kinderbett


Im Spiegel, Abteilung Wissenschaft findet sich am 10.11.11 ein Artikel über das nächtliche Einnässen bei Kindern (Enuresis nocturna).  In dem Artikel heisst es u.a.: <..dabei hat das Bettnässen oft körperliche Ursachen, die man behandeln kann. Das Wichtigste für die Eltern: viel Geduld.>
Über die echten körperlichen Ursachen (ich bin kein Arzt) möchte ich mich hier nicht auslassen. Die scheinen mir aber höchst selten vorzuliegen. Und die Empfehlung: <viel Geduld> ist wohl ein Paradoxon, da dieses Phänomen oftmals mit mangelnder Geduld und Liebe und Wärme der Eltern zu tun hat. Die allmähliche Beherrschung unserer Körperfunktionen hängt mit dem in den Arm genommen werden, gedrückt werden, gestreichelt werden zusammen. So dass unsere Haut und wir was spüren und fühlen können. Auf diese Weise entwickelt sich unser Sensorium, nicht im luftleeren Raum, wo ein Baby stundenlang einfach in seinem Bett rumliegt. Wer einmal mitbekommen hat, wie liebevoll eine Kuh ihr Junges nach der Geburt abschleckt, versteht, was ich meine.
Weiter in dem Artikel: <…hat nach Meinung der Experten selten mit psychischen Problemen zu tun>. Mit was soll es denn sonst zu tun haben, als mit unserer Psyche. Es ist offensichtlich, dass sich während des Schlafes das Kind entspannt, dabei sozusagen die ganze Spannung loslässt. Die Spannung, die es tagsüber auf sich geladen hat (und das eher mit ungeduldigen als geduldigen Eltern). Wir kennen die Redewendung: <der hat vor Angst in die Hose gemacht>. Die Volksweisheit weiss und jeder kann das eigentlich nachempfinden, dass die Blase auf Angst unmittelbar reagiert.
Man könnte auch sagen, dass die Tränen des Kindes an der falschen Stelle rauskommen. Wahrscheinlich, weil es nicht weinen darf, oder die Tränen und Gefühle von den Eltern nicht ernst genommen oder übersehen werden. Wenn diese Möglichkeit tagsüber verbaut ist, kommen diese <Tränen> und die damit einhergehende Entspannung eben nachts. Wie Janov in seinen Büchern schreibt, setzt sich dieser Mechanismus auch bei den Jugendlichen und Erwachsenen fort, in einer übermäßigen Fokussierung dieses Bereiches, was Entspannung betrifft.
Wenn ein Kind gemocht wurde, viel in den Arm genommen wurde, die elterliche Wärme gespürt hat, ist es viel eher fähig, die Spannungen, die sich mit jedem Tag ergeben, unmittelbar zu verarbeiten, sie stauen sich nicht auf, die KInder haben dann auch keine Angst vor dem Einschlafen.
Ich hatte viele Klienten, die anfangs der Therapie ein- oder sogar zweimal während einer Gruppensitzung auf die Toilette gegangen sind. Mit der Zeit waren diese Klienten fähig, die Spannung, welche in einer Gruppensitzung und im Leben allgemein gegenwärtig ist, aufzunehmen. Das reduzierte drastisch den Gang zur Toilette.
Im Spiegel Artikel geht es weiter: <Bettnässen kann vererbt sein>. Und? Im Sinne der Epigenetik werden die Lebenserfahrungen unserer Vorfahren (Eltern, Großeltern, usw.) alle weitergegeben, damit auch die oben beschriebenen Mechanismen in Bezug auf Spannung und Entspannung. Wobei wir wieder bei der Psyche sind. Und dass die meisten Mechanismen einfachen von Eltern auf die KInder weitergegeben werden, bis jemand daran geht, diese Kette zu durchbrechen.

2 Kommentare:

  1. trifft mich. "übermäßigen Fokussierung dieses Bereiches, was Entspannung betrifft", "elterliche Wärme", "Angst vor dem Einschlafen"

    Ich bin so auf "Kampf oder Flucht" programmiert, das treibt mich auch in meinem Job an. Woher soll ich nur die Ruhe nehmen.

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  2. Die Erwachsenen, die eine starke Anspannung nicht aushalten koennen, koennen auch die Realitaet nicht angemessen auf alle an einem potentiellen Konflikt Beteiligten einschaetzen.
    In dem Fall der Konflikt zwischen dem Beduerfniss nach Liebe und Zuneigung des Kindes und der Bereitschaft der Eltern diese dem Kind Freiwillig zu kommen zu lassen, d.h. es in seinem Beduerfniss wahrzunehmen. Diese mangelnde Beurteilung der Erwachsenen der Situation entsprechend fuehrt zu solchen komischen Vorstellungen, dass das Kind "krank" ist und von einem Arzt oder Psychologen behandelt werden muss. Im Grunde ist es aber ab da schon zu spaet, um ein emotionales Gleichgewicht zwischen dem Kind und den Eltern wieder herzustellen. Das Kind fuehlt sich nicht wahrgenommen, dann wird es noch an jemanden vierten weitergegeben der ihm zu versthen gibt, dass das nicht "sein darf" bzw. das etwas mit ihm nicht stimmt, dem Kind also signalisiert, dass er es besser weiss, was "richtig" und was "falsch" ist und jeglicher elterliche Schutz nachdem sich das Kind urspruenglich gesehnt hat ist nicht mehr vorhanden. Es fuehlt sich im schlimmsten Fall verraten
    und vor dem Arzt durch seine Eltern bloss gestellt. Warum verstehen mich meine Eltern nicht? Doch meistens fragt sich das Kind dieses nicht wenn es noch sehr klein ist.

    Durch diese Blossstellung faengt ein Kampf des Kindes um das Verstaendnis der Erwachsenen an, den heute noch viele Erwachsene kaempfen...

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